Die Sonne scheint nicht zu heftig, wenige Wolken ziehen am Himmel, spiegeln sich im Wasser. Der leichte Wind säuselt über das Wasser, lässt die Posen auf und ab tanzen. Mal ein Biss hier, mal ein Biss dort, etliche „Petri!“ oder auch „Biss! Gleich taucht deine Rute!“, schallt es um den See herum. Die Stimmung ist kameradschaftlich ideal. Jeder will den Größten fangen, ist der beste Angler, zumindest in der persönlichen Wahrnehmung, jeder gönnt dem Anderen den großen Fisch. Das Kameradschaftsfischen macht schnell seinem Namen alle Ehre. Es herrscht eine Freude bei allen Angelkameraden am See. Noch nicht gefangen ist eine der vier Lachsforellen, die Anfang des Jahres eingesetzt wurden. Jeder hofft, eine davon würde bei ihm beißen, er mit dem Fang von acht bis neun Pfund angeben zu können. Vielleicht sogar zu groß für den eigenen Kescher? Manch eine Rute biegt sich bald zu einer Parabel, die Vorfächer halten, wie auch die Hauptschnüre. Um 11.30 Uhr haben die ersten ihr Tageslimit von zehn Salmoniden voll, warten nicht einmal das Mittagessen des Vereines ab, sondern verlassen den See. Sie sind fort, als das Ereignis des Tages beginnt. Was? Einfach weiterlesen…
Um 12 Uhr soll das Ende des Vormittagsfischen sein, wie die vergangenen etwa dreißig Jahre vorher schon, diesmal wird es gebrochen werden. Die Rute mit dem Haken und Maiskorn ist schon länger draußen, ohne einen Zupfer, Heber oder gar Biss. Nichts von alledem geschah. Bisher. Und mit den drei bisher gefangenen Forellen des Kameraden ist das Tageslimit von zehn noch lange nicht erreicht, einige haben noch weniger gefangen, drohen als Schneider nach Hause zu müssen. Nicht der Kamerad mit den dreien, seine Rute biegt sich durch, weit durch, so als ob ein vierzehnpfündiger Karpfen dran ist. Sein Drill artet in Arbeit aus, angespornt von den Kameraden, mit tippen auf die Uhr und Hinweis auf „gleich zwölf Uhr!“ Die Rolle surrt, Schnur läuft ab, Stille, rrrrrrh, Schnur flieht von der Spule, wird wieder eingekurbelt mit gebogener Rute und zum Bersten gespannter Spitze. Oft wiederholt, mit Schweißperlen auf der Stirn. Lange ist nicht zu sehen, was da am Vorfach zappelt und den Drill lange andauern lässt. Jeder glaubt zu wissen, was da am Schnurende zappelt, was für ein Fisch es ist, jeder gibt Ratschläge, wie der Drill zu gestalten ist. Fünf nach zwölf ist es dann geschafft, ein Lebewesen mit Kopf, Schwanz und vier Beinen schwingt im Kescher an Land. Eine zwölf Zentimeter kleine Schildkröte kämpfte gegen den ein Meter fünfundachtzig großen Angler ungefähr eine halbe Stunde. Es ist das Thema beim gemeinsamen Essen der Steaks vom Grill. Die Schildkröte war beim Essen schon umgesiedelt, von einem anderen Kameraden mitgenommen in einen für Schildkröten schon vorhandenen Gartenteich zu den anderen fünf Artgenossen derselben (nicht europäischen) Art. Dort sonnt sie sich auch heute noch. Versprochen!